Misereor-Gast Selina Orsi-Coutts berichtete beim Coffeestop über Lebensbedingungen und Klimawandel im Globalen Süden
In vielen Regionen Afrikas, Südamerikas und Asiens zerstören die Folgen der Erderhitzung die Lebensgrundlagen der Menschen immer mehr, obwohl diese am wenigsten dazu beigetragen haben. Bei seiner diesjährigen Fastenaktion rückt das katholische Hilfswerk MISEREOR daher das Thema Klimagerechtigkeit in den Fokus. Auch im Rahmen des traditionellen MISEREOR-Coffeestop als Teil der Fastenaktion, zu dem das Referat Weltkirche der Diözese Eichstätt und der Verein Welt-Brücke am Freitagnachmittag eingeladen hatten, gab MISEREOR-Referentin Selina Orsi-Coutts Einblicke in das dramatisch von Klimawandel bedrohte Leben der Menschen im südlichen Teil unserer Erde. Knapp 20 Gäste, darunter auch Oberbürgermeister Josef Grienberger und Stadträtin Maria Lechner, beim Technischen Hilfswerk, in direkter Nachbarschaft zum neuen „Eichstätter Obstwald“, bei fairem Kaffee und Gebäck über Klimakrise, Klimagerechtigkeit und einem notwendigen Um- und Neudenken zu diskutieren.
Als ehemalige Entwicklungshelferin sowohl in Brasilien als auch in Kenia und Leiterin der MISEREOR-Dialog- und Verbindungsstelle in Nairobi kennt Selina Orsi-Coutts die Probleme vieler Menschen im Globalen Süden aus erster Hand: Dürren und Hungersnöte, Überschwemmungen und Unwetterkatastrophen, Heuschreckenplagen und am Ende oftmals die Flucht aus den Krisenregionen in die großen Metropolen, in der Hoffnung, dort bessere Lebensbedingungen vorzufinden: „Es ist ein schrecklicher Anblick, ganze Viehherden verdursten und verenden und die Hirten verzweifelt die letzten Rinder schlachten zu sehen“, berichtete Orsi-Coutts. Gerade in Kenia, einem politisch relativ stabilen afrikanischen Staat, hätten die massiven Dürren, die Heuschreckenplage und schließlich die Corona-Situation mit der Schließung der Märkte eine dramatische Verschlechterung der Situation der Menschen zur Folge gehabt. Die Arbeit von MISEREOR sei hier unentbehrlich, um den Menschen unter den Bedingungen des Klimawandels bei der Nutzung ihrer Ressourcen zu unterstützen und einer Hungersnot entgegenzuwirken.
Doch die Folgen der Klimakrisen zeigen sich im Besonderen auch in asiatischen Metropolen, die oft an Küsten liegen und durch den steigenden Meeresspiegel bedroht sind. Insbesondere die Wohngebiete der Armen lägen in überschwemmungsgefährdeten Gebieten, so Orsi-Coutts: „Diese Städte wachsen weiterhin rasant. Jeden Tag machen sich allein etwa 1.500 Menschen von den Küsten Bangladeschs in die Hauptstadt Dhaka auf, weil zunehmende Überschwemmungen und die Versalzung des Grundwassers die Existenz der Kleinbauern- und Fischerfamilien zerstören“, weiß die MISEREOR-Referentin. „Sie alle fliehen letztlich vor den Folgen des Klimawandels in die Städte, für den vor allem der Globale Norden verantwortlich ist.“
Die Klimakrise vergrößere die Kluft zwischen dem Globalen Süden und dem Globalen Norden immer weiter. Zwar spüren wir die Folgen der Klimakrise weltweit. Doch Zerstörung, Hunger und Armut treffen die Ärmsten der Weltbevölkerung am stärksten, betonte Orsi-Coutts. Für das Hilfswerk MISEREOR ist es daher zentral, die Frage der Klimagerechtigkeit dauerhaft in die Öffentlichkeit zu bringen: „Jedes zehntel Grad vermiedene Temperatur-Erhöhung verbessert den Handlungsspielraum der Menschen, sich auf die heutigen und kommenden Herausforderungen vorzubereiten und sich anzupassen“, so die Referentin.
Während des Coffeestops entwickelte sich angesichts der dramatischen Daten und Fakten, die die Referentin darlegte, eine angeregte Diskussion unter den Gästen. Was tun angesichts der vielerorts überschrittenen Grenzen der Anpassung, der weltweit 1,7 Milliarden Menschen, die von Schäden und Verlusten betroffen sind, weil sie ihr Land aufgeben müssen, Ernteverluste erleiden, sich auf die Flucht begeben? So viel steht fest: „Wenn die Erderhitzung nicht wirksam auf 1,5 Grad begrenzt wird, können Überflutung von Millionenstädten und Zerstörung großer Regionen auch bei bester Anpassung nicht verhindert werden“, so Orsi-Coutts. Hier sei jeder Einzelne von uns gefragt, durch eine umwelt- und klimafreundliche Lebensweise seinen Beitrag zu leisten. Doch auch die Verantwortungsübernahme der Industrienationen im Globalen Norden sei unverzichtbar, die einen Großteil der Emissionen verursacht haben, die heute das Weltklima erhitzen: „Neben Klimaschutz und Anpassung sind Ausgleichszahlungen für all die Schäden und Verluste, die die von der Klimakrise Betroffenen durch unsere umweltschädliche Lebensweise erleiden, angebracht und gerecht“, schloss die MISEREOR-Referentin.